Afghanistan - wie lange noch?

Veröffentlicht am 02.05.2010 in Ortsverein

Afghanistan? Doch eher ein „außen“-politisches Thema , das man am liebsten außen vor lassen möchte. Laut Umfragen will die Mehrheit, dass Deutschland dort aussteigt. Dabei geht uns Afghanistan viel an. Weil das so ist und weil eine politi-sche Partei der Realität nicht ausweichen darf, hatte die SPD Aichwald zu einem Abend über Afghanistan eingeladen, „obwohl sich die SPD mit ihrer 150-jährigen Friedensgeschichte besonders schwer damit tut“, so Rainer Arnold. Er sei froh, dass seine Partei nicht einem allzu bequemen Populismus anheimgefallen sei und dem Thema standhalte.
„Warum sind wir dort?“ war Rainer Arnolds schwerpunktmäßige Leitfrage, der sich die Fragenkomplexe „Wo stehen wir?“ und „Wie geht es weiter?“ anschlossen. Oberste politische Zielsetzung für den gesamten Raum, der Pakistan miteinschließt, sei Stabilität. Wenn dort keine grundlegende Ordnung entsteht und radikale Gotteskrieger die Macht übernähmen, wäre dies ein willkommenes Siegeszeichen für alle, die nur den Terror als politische Waffe kennen. Pakistan als Operations- und Rückzugsgebiet der Terroristen aus Afghanistan sei zunehmend ein rechtsfreier Raum. In Pakistan aber lagern atomare Sprengköpfe und Atombomben. Rainer Arnold hält es für unverantwortlich, wenn sich die Bundesrepublik als vollwertiges Mitglied der Staatengemeinschaft nicht in die Pflicht nehmen lasse. Unsere ethische und moralische Verantwortung stünde auf dem Spiel. Eine politische Niederlage wäre zugleich eine Niederlage unserer Wertegemeinschaft, die auf den Menschenrechten gründet. Kein Land könne in der globalisierten Welt die Probleme für sich allein lösen. Internationale Solidarität wird daher stark abgefragt.
Rainer Arnold verstand es, ein differenziertes Bild der derzeitigen Lage zu zeichnen, wobei er Fehler in der Vergangenheit und Misserfolge, aber auch Gelungenes, nicht ausblendete, z.B. den anfangs viel zu weichgezeichneten, manchmal verdrängten Einsatz, zum andern die bei uns oft übersehene zivile Aufbauleistung. Hoffnung auf ein stabileres Afghanistan mache ihm der Wunsch der Afghanen selber, wonach 90% keine Taliban wollen. 60 – 70% wollen den Verbleib der internationalen Truppen. Das seien gesicherte, verlässliche Zahlen. Voraussetzung für Erfolge sind staatliche Strukturen, in welcher Form auch immer. Rainer Arnolds Prognose: Dieses Jahr wird noch schwieriger, weil jetzt mehr getan wird, nicht zuletzt ausgehend von der neuen politischen Ausrichtung Obamas, die nicht mehr im Gut – Böse – Schema denkt und handelt. Wenn die Juli - Konferenz in Kabul mit Entschlossenheit und gezielter Erfolgsabfrage gekoppelt wird, könne die Befriedung Afghanistans fortschreiten. Die derzeitige Offensive trage dazu bei, die Taliban verhandlungsbereiter zu machen.
Kerstin Binder, Vorsitzende des Ortsvereins, konnte anschließend an Rainer Arnolds Ausführungen eine Fülle von Fragen sammeln, deren Beantwortung ein noch differenzierteres Bild zur Situation in Afghanistan zeichnete. Aus der Mitte der Zuhörer im vollbesetzten Vereinsraum der Schurwaldhalle gab es dankbare Rück-meldungen für das gebotene ausgewogene Bild zum Thema Afghanistan. (ME)

 

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