Haushaltsrede 2022

Veröffentlicht am 31.01.2022 in Fraktion

Der Vorsitzende unserer Gemeinderatsfraktion hat in der Sitzung des Gemeinderates am 31.1.2022 die Haushaltsrede für das Jahr 2022 eingebracht.

Stellungnahme zum Haushaltsentwurf 2022 der Gemeinde Aichwald

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats,

sehr geehrter Herr Bürgermeister,

wir alle haben in den vergangenen Monaten ein Jahr der Katastrophen erlebt. So mussten wir miterleben, dass Corona noch längst nicht besiegt ist und uns viel länger begleiten wird, als gedacht. Das stellt jeden einzelnen vor ständig neue Herausforderungen. Wir wurden und werden alle in unseren Freiheiten eingeschränkt und versuchen trotzdem, über die Runden zu kommen. Glücklicherweise haben sich die meisten unserer Bürger und Bürgerinnen rechtzeitig impfen lassen und versuchen, sich im Alltag keinen unnötigen Gefahren einer Ansteckung auszusetzten. Wir möchten aber auch nicht verhehlen, dass uns diejenigen große Sorgen machen, die einer Impfung immer noch ablehnend gegenüberstehen und dadurch nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Mitmenschen gefährden. In der derzeitigen Situation ist die Solidarität aller gefordert. Ansonsten kollabiert unser Gesundheitssystem, was auch zukünftig noch mehr Tote bedeuten würde.

Der Umgang mit der Pandemie bei uns in Aichwald muss uns selbstverständlich auch zukünftig an erster Stelle beschäftigen, da es dabei um den Schutz von Leben geht. So begrüßen wir jede zusätzliche Impf- und Testaktion in unserer Gemeinde! Das gilt für uns genauso, was notwendige Ausgaben zu diesem Thema angeht, beispielsweise von Luftfiltern für unsere Schulen, wie im letzten Jahr geschehen.

Das zweite, nicht minder wichtige Thema, ist natürlich das des Klimaschutzes. Die weltweiten aber insbesondere auch die Katastrophen in unserem eigenen Land haben eindrücklich aufgezeigt, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht. Wenn Starkregenereignisse wie im Ahrtal in kürzester Zeit viele Menschenleben und Existenzen vernichten, Milliardenschäden entstehen und wenn andererseits unsere Wälder wegen zu wenig Regen leiden, sind das deutliche Zeichen, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Die Anstrengungen der letzten Weltklimakonferenz lassen zwar hoffen, zeigen aber auch, wie schwierig es ist, international auf einen Nenner zu kommen. Es steht zu befürchten, dass Kohlekraftwerke in Indien und China noch auf Jahrzehnte zu einer immer weiteren Erderwärmung beitragen und es sehr fraglich ist, ob die Ziele zur Verhinderung einer weiteren Erderwärmung eingehalten werden können.

Gleichzeitig sehen Länder wie unser Nachbar Frankreich im Bau von weiteren Atomkraftwerken ihre Antwort zu mehr Klimaschutz. Auch ist es leider richtig, dass bei uns in Deutschland nicht annähernd so viel zum Thema Energiewende und Klimaschutz umgesetzt wurde, wie es möglich gewesen wäre. Hier hoffen wir auf eine grundlegende Verbesserung durch die neue Bundesregierung!

Es ist ganz sicher so, dass Deutschland alleine nicht die Klimaprobleme der Welt wird lösen können. Wir wären aber durchaus in der Lage, mit unserer Technologie dazu beizutragen, dass die CO2 Belastung nicht nur bei uns heruntergeht, sondern dass auch andere Länder davon profitieren.

Für Aichwald, also für unseren Ausschnitt der Welt hier im Kleinen, muss das genauso Konsequenzen haben. In den vergangenen Jahren wurden unsere Möglichkeiten keinesfalls ausgeschöpft, etwas für die Umwelt zu tun. Beim möglichen Bau von Windrädern auf unserer Gemarkung wurde nach dem Sankt Florians Prinzip gehandelt: wichtig schon, aber bitte nicht bei uns! Tempo 30 auf unseren Durchgangsstraßen wurde abgelehnt, um ‚die Leichtigkeit des Verkehrs‘ (O-Ton CDU) beizubehalten. Eine Verbesserung von Radwegen bleibt in Aichwald Flickwerk. Da wird dann auf einer Straßenseite ein sogenannter Schutzstreifen installiert, der auch nur in einer Richtung befahren werden darf und schon ist das Thema scheinbar erledigt. Das gleiche gilt für unseren Dauerbrenner ‚Radweg zum weißen Stein‘ und zwischen Aichelberg und drei Linden.

Wir verkennen nicht, dass unsere Verwaltung hier ‚am Ball‘ ist, jedoch sind diese Vorhaben teilweise eben auch von anderen Trägern, z.B. dem Landratsamt abhängig.

Wir  bitten die Verwaltung um einen Sachstandsbericht  zu den geplanten Radwegevorhaben und stellen die folgenden Anträge:

Was macht die Umsetzung des Radweges zum Weißen Stein?

Wie sieht es mit der Planung des Radweges zwischen Drei Linden und Aichelberg aus?

Klimaschutz in Aichwald ist  bei uns kein neues Thema. Bereits im Jahre 2015 wurde dazu auf der Homepage der Gemeinde geschrieben: ‚Längst findet die Energiewende nicht mehr übergeordnet, sondern vielmehr ganz konkret in den Kommunen statt. Um heutigen und kommenden Generationen ein energieeffizientes, emissionsgemindertes und dezentral versorgtes Gemeinwesen und damit dauerhaft Lebensqualität zu bieten, müssen Kommunen reagieren. ‘ Daran hat sich bis heute nichts geändert, nur mit dem Unterschied, dass schnellere und effizientere Änderungen eintreten müssen, sollten wir auch nur in die Nähe einer Klimaneutralität in Aichwald in absehbarer Zeit kommen wollen.

Das Leitbild unserer Gemeinde zur Energiezukunft 2025 für Aichwald soll nach der Homepage der Gemeinde erstmals im Jahre 2020 überprüft und bei Bedarf überarbeitet werden. Dies ist bislang nicht geschehen und muss deshalb zeitnah angegangen werden!

Unsere Nachbargemeinde Weinstadt hat vor kurzem einen Klimaschutzaktionsplan beschlossen mit dem Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahre 2035. Dazu soll auch ein Klimaschutzmanager eingestellt werden.

Für Aichwald stellen wir den folgenden Antrag:

Der Gemeinderat Aichwald beschließt die Gründung eines Umweltbeirates, der das Ziel hat, die durch die EU und die Bunderegierung sowie der Landesregierung BW gesetzten Ziele zur Klimaneutralisierung zu verfolgen und dazu beizutragen, dass die Gemeinde Aichwald bis 2035 klimaneutral ist.

Der Umweltbeirat setzt sich aus ehrenamtlich mitwirkenden Bürgerinnen und Bürgern verschiedener Altersgruppen zusammen und arbeitet überparteilich.

Geleitet wird er durch einen von der Gemeindeverwaltung eingesetzten ehrenamtlich tätigen Umweltkoordinator/eine Umweltkoordinatorin.
Dieser organisiert den Umweltbeirat in enger Absprache mit dem Leiter das Bau-und Umweltamtes. Die Gemeindeverwaltung stellt dem Beirat Tagungsräume für Sitzungen und Besprechungen sowie die Schurwaldhalle zur Verfügung, falls größere Infoveranstaltungen notwendig werden.

Weiterhin regen wir die Anstellung eines Klimaschutzmanagers an, der zuständig ist für die Umsetzung und Überprüfung der Maßnahmen des Klimaschutzkonzeptes. Hier wäre zu überlegen, ob eine Stelle dafür gemeinsam mit einer Nachbargemeinde geschaffen werden könnte.

Die Bundesregierung hat sich die Erhaltung der biologischen Vielfalt durch Schutz und nachhaltige Nutzung zum Ziel gesetzt und hierzu 2021 Förderungsmaßnahmen beschlossen.

Für uns ist die Frage, inwieweit nach den Richtlinien zur Förderung von Maßnahmen nach diesen Zuwendungsgrundsätzen in Aichwald Förderungen möglich wären.

Wir stellen dazu den folgenden Antrag:

Wir bitten unsere Verwaltung um Prüfung, ob und wenn ja, welche Projekte nach den Richtlinien der Fördermaßnahmen zur Biologischen Vielfalt In Aichwald ins Leben gerufen werden können.

Wir leben im Zeitalter ungebremsten Artensterbens. In den kommenden Jahrzehnten könnten laut Weltbiodiversitätsrat eine Million Tier- und Pflanzenarten verschwinden. Das Artensterben findet auch direkt vor unserer Haustüre statt. Aktuelle Studien zeigen: Es gibt 75 Prozent weniger Fluginsekten als noch vor 30 Jahren.

Deshalb müssen wir auch vor unserer Haustüre aktiv werden:

Friedhöfe können sich zu attraktiven nahrungsreichen Oasen und Lebensräumen für Insekten wandeln, wenn sie naturnah und mit heimischen Blütenpflanzen angelegt werden

Hinzukommt, dass sich in den letzten Jahrzehnten die Bestattungskultur gewandelt hat. Die Nachfrage nach traditionellen Gräbern nimmt mehr und mehr ab. Gefragt sind naturnahe Gräber oder Urnenbestattungen. Ungenutzte Freiflächen, die Kommunen kostenintensiv pflegen und verwalten müssen, sind die Folge. Dabei könnten sie zu Artenschutz-Oasen werden.

Dazu stellen wir folgenden Antrag:

Die Verwaltung informiert sich über das vom BUND geförderte Projekt „Insektenfreundlicher Friedhof“ und erarbeitet ein Konzept für unsere Aichwalder Friedhöfe.

Ein wichtiger Baustein zur Erreichung von Klimaneutralität ist die Ausstattung von möglichst vielen Dächern auch in Aichwald mit Photovoltaik Anlagen. Die Bedeutung solcher Anlagen wird deshalb zukünftig steigen. Bevor man sich zur Anschaffung einer solchen Anlage entschließen kann, entstehen viele Fragen. Da dazu unserer Einschätzung nach ein hoher Beratungsbedarf besteht, stellen wir den folgenden Antrag:

Wir beantragen, dass die Gemeinde im Sommer diesen Jahres einen ‚Photovoltaiktag‘ durchführt, in dem die Bürgerinnen und Bürger Gelegenheit haben, zu der komplexen Materie informiert und beraten zu werden.

Bei der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal hat sich gezeigt, dass im Ernstfall viele Bewohner entweder gar nicht oder viel zu spät gewarnt wurden. In solchen und ähnlichen Notsituationen halten wir Sirenen für ein effektives Mittel, die Bevölkerung rechtzeitig zu warnen. Sich hier allein auf moderne Kommunikationsmittel zu verlassen, ist insbesondere auch während der Nachtstunden problematisch. Rechtzeitige Warnungen können Leben retten!

Aus diesem Grunde stellen wir den folgenden Antrag:

Wir bitten um einen Bericht, in wieweit in Aichwald funktionierende Sirenen im Einsatz sind. Weiterhin bitten wir um eine Kostenschätzung, was eine Versorgung aller Ortsteile kosten würde. Anschließend möge der Gemeinderat über die Ausstattung entscheiden.

Unsere Gemeinde hat sich im neuen Haushalt vieles vorgenommen. Hervorzuheben sind unsere größten Projekte ‚Sanierung der alten Sporthalle‘ sowie der Neubau von Kindergarten und Schule in Aichschieß, beides Projekte, die wir sehr begrüßen und unterstützen. Glücklicherweise sind wir in der Lage, beide Aufgaben ohne Schuldenaufnahme zu bewältigen. Alle unsere Investitionen werden aus den Rücklagen finanziert. Die finanzielle Situation unserer Gemeinde ist dank gestiegener Einnahmen aus Gewerbe- und Einkommenssteuer sowie einem Absinken der Kreisumlage nicht so angespannt, wie ursprünglich befürchtet. Das finanzielle Plus ist jedoch vergleichsweise gering und kann bei den gerade auf allen Gebieten steigenden Kosten nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir sehr darauf achten müssen, mit unseren Ausgaben hauszuhalten!

In den vergangenen Monaten hat sich gezeigt, dass die Infrastruktur in Aichwald im Wandel ist: In Aichelberg hat der einzige Lebensmittelmarkt geschlossen. Auch Aichschieß und Lobenrot sind in dieser Hinsicht seit langem unterversorgt.  In Schanbach und Aichschieß schließen Gaststätten. Es ist einerseits klar, dass es nicht Aufgabe einer Gemeindeverwaltung ist, bestimmte Branchen finanziell zu unterstützen. Andererseits fragen wir uns, was unsere Gemeinde tun könnte, um die Situation zu entschärfen. Alte Menschen ohne Auto sind darauf angewiesen, vor Ort einkaufen zu können. Die Situation verschlimmert sich zusätzlich noch dadurch, dass während der Pandemie zeitweise auch der Bürgerbus seinen Betrieb eingestellt hat. Sollte es zukünftig auch weiterhin keinen Lebensmittelladen in Aichelberg und weiteren Teilorten geben, wäre beispielsweise zu überlegen, ob die Versorgung durch einen mobilen Händler oder durch Lieferdienste sichergestellt werden könnte.

Wir stellen dazu die folgenden Anträge:

Die Verwaltung wird beauftragt, alle Möglichkeiten zu untersuchen, die es ermöglichen, die Einkaufssituation insbesondere für Aichelberg wieder zu verbessern.

Darüber hinaus soll genauso darauf hingewirkt werden, die Lebensmittel-versorgung für ganz Aichwald sicherzustellen.

Weiterhin soll geprüft werden, inwieweit es insbesondere in der Ortsmitte von Schanbach Unterstützung für die Ansiedlung von Gastronomie geben kann, nachdem ein bestehender Betrieb schließen will.

Für die Bewohner von Aichelberg ist das Thema Mobilfunk immer noch ungeklärt. Vor etwa 10 Jahren ist die Firma O2 von dem Vorhaben, einen Funkmast in der Ortsmitte zu installieren, wieder abgerückt, nachdem es von Teilen der Bevölkerung massiven Widerstand dagegen gegeben hatte. Seitdem ist in Aichelberg ein Mobilempfang für viele gar nicht oder nur schlecht möglich. Da die Telekom offenbar nicht bereit ist, zwei dazu nötige Funkmasten außerhalb der Gemeinde allein zu finanzieren und innerhalb des Ortes privatrechtlich auch keine Möglichkeiten angeboten wurden, ist auch keine Änderung in Sicht. Wir sind jedoch der Meinung, dass gerade in der jetzigen Zeit eine Verbesserung des Netzes wichtiger denn je wäre. Außerdem wollen wir der Thematik auch nicht aus dem Wege gehen und stellen dazu den folgenden Antrag:

Wir bitten die Verwaltung zu klären, wie ein Weg gefunden werden kann, den Mobilfunkempfang in Aichelberg in naher Zukunft  zu verbessern. Dies soll in jedem Fall unter Einbeziehung der Bewohner von Aichelberg geschehen. Hierzu schlagen wir eine Bürgerversammlung vor, sobald klar ist, welche Möglichkeiten vorhanden sind. Unter Hinweis auf unseren letztjährigen Antrag bitten wir die Verwaltung um Information über die dazu  angekündigten Gespräche mit den Anbietern.

Wir sind sehr froh über unser Seniorenzentrum und die Arbeit, die dort geleistet wird. Nach dem Altenhilfeplan des Landkreises Esslingen ist der Bedarf an Pflegeplätzen viel höher, als Plätze bei uns angeboten werden. Das entspricht auch der aktuellen Situation, in der die Nachfrage höher als das Angebot ist. Wir wünschen uns deshalb dringend einen Ausbau!

Bereits zum letzten Haushalt wurden von uns sowie von CDU und FW Anträge zur Verbesserung der Situation gestellt wurden, ohne dass sich seither etwas geändert hat. Deshalb greifen wir das Thema erneut auf. Die von der Verwaltung angekündigte Präsenssitzung mit den  Zieglerschen hat bis heute nicht stattgefunden. Die Situation drängt jedoch und muss angegangen werden!

Unser Antrag:

Wir bitten die Verwaltung, zusammen mit dem Träger ‚Die Zieglerschen‘ in die konkrete Planung einer Erweiterung der Heim- und Pflegeplätze in Aichwald einzusteigen, damit der Gemeinderat anschließend darüber entscheiden kann. Wir bitten außerdem um einen Sachstandsbericht, ob und inwieweit in den letzten Monaten weitere Schritte geplant wurden.

Zum Schluss möchte ich mich im Namen meiner Fraktion bedanken: Der Dank gilt insbesondere denjenigen, die in Aichwald dafür sorgen, dass trotz Pandemie unser Leben relativ normal weiterlaufen kann. Dazu gehören alle, die beruflich oder ehrenamtlich mit vielen Menschen zu tun haben, egal ob im ärztlichen oder pflegerischen Bereich, im Verkauf oder als Busfahrer. Vielen Dank auch an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Gemeinde sowie dem gesamten übrigen Gemeinderat und Ihnen Herr Jarolim für gute Zusammenarbeit. Dass wir momentan leider wieder in Form von digitalen Sitzungen anstatt in Präsenz tagen müssen, macht unsere Arbeit nicht gerade einfacher. Entscheidend ist aber, dass es uns weiterhin gelingt, die gemeinsamen Aufgaben anzugehen und zu bewältigen!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Hans-Ulrich Richter, Fraktionsvorsitzender

Kerstin Binder

Michael Neumann

 

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