Haushaltsrede zum Haushalt 2020

Veröffentlicht am 21.01.2020 in Fraktion

Hans-Ulrich Richter brachte in der Gemeinderatssitzung vom 20.Januar 2020 die Stellungnahme der SPD-Fraktion zum Haushalt 2020 ein.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats,

sehr geehrter Herr Bürgermeister,

Aichwald steht auch im neuen Jahr wieder vor vielen Herausforderungen. Das sind wir zwar gewohnt, jedoch hat sich inzwischen unsere finanzielle Ausgangslage verändert. In den letzten Jahren haben wir stets ausgehend von einer soliden Finanzlage diverse Projekte planen können. Dies ist nun anders, da vor allem ein großer Gewerbesteuerzahler unsere Gemeinde verlässt und dadurch etwa 1 Million Euro jährlich fehlen werden. Durch die neue Haushaltsführung Doppik müssen wir darüber hinaus Abschreibungen in Höhe von rund 1,4 Millionen ansetzen. Dazu kommt die notwendige Sanierung der Rathausgarage und der Fassade des Rathauses sowie der alten Sporthalle. Dadurch ergibt sich insgesamt ein schlechteres Bild als in den Jahren zuvor.

Welche Auswirkungen muss dies auf die Planungen haben?

Unser Kämmerer hat die Situation mit der Überschrift ‚Das Ende der Fahnenstange scheint erreicht` beschrieben. Außerdem haben Sie, Herr Jauß einen deutlichen Hinweis darauf gegeben, was Ihrer Meinung nach nun nötig wäre, nämlich an der Stellschraube auf der Ertragsseite zu drehen, sprich über Steuererhöhungen nachzudenken. Auch Sie, Herr Jarolim, haben in ihrer Haushaltsrede angekündigt, dass auf der Einnahmeseite Maßnahmen notwendig werden, sofern sich die derzeitige Situation nicht verändert.

Sicher ist jedenfalls, dass wir die Signale einer finanziellen Verschlechterung ernst nehmen müssen. Allerdings sind wir noch weit davon entfernt, deswegen jetzt in Schwarzmalerei zu verfallen. Ich bin allerdings sicher, dass wir gut daran täten, bei allen Investitionen mehr denn je darüber nachzudenken, ob sie so wie geplant notwendig sind oder vielleicht auch in einfacherer Form umsetzbar wären. Wir sind es in Aichwald gewohnt, stets von einem hohen Standard auszugehen. Das ist zwar einerseits sympathisch, will man doch etwas Solides schaffen, kostet aber eben auch mehr Geld.

Die im Haushaltsplan genannten Investitions-  und Finanzierungsmaßnahmen halten wir für sinnvoll und notwendig. Trotzdem regen wir auch hier im Einzelfall an, stets zu überprüfen, inwieweit es günstigere Möglichkeiten der Umsetzung geben könnte.

Ich komme nun zu unseren Anträgen.

 

Kleinkinderbetreuung und Schule in Aichwald:

Das Thema Bildung und Betreuung von Kindern wird aktuell und wichtig bleiben. Unsere Gemeinde hat besonders auf diesem Gebiet in den letzten Jahren große kostenintensive Aufgaben übernommen. Das sanierte Schulzentrum in Schanbach sowie Kindergarten und Kinderkrippen werden nicht nur sehr gut, sondern auch entsprechend teuer sein, nämlich etwa 8 Millionen.

Eine wichtige Aufgabe für unsere Gemeinde ist es, die nötigen Einrichtungen für Kinder und Erwachsene in ganz Aichwald auf einem guten Stand zu halten. Für uns ist es deshalb genauso klar, dass auch die Außenstellen unserer Schule und Kinderbetreuung in Aichelberg und Aichschieß, die momentan in keinem guten Zustand sind, erhalten werden müssen,.

Vielleicht mag es sich aus rein fiskalischen Gründen anbieten, die gesamte Schule in Schanbach zu vereinigen. Wir sind allerdings überzeugt davon, dass dies nur eine kurzfristige Lösung sein könnte und wir in wenigen Jahren über einen Ausbau der Schule in Schanbach sprechen müssten. Dann wären allerdings die Außenstellen bereits zu!

Im Fuchsbühl entstehen viele Wohnungen, in denen vermutlich vorwiegend Familien mit Kindern wohnen werden. Auch der demographische Faktor spricht gegen die Annahme, dass in Schanbach alle Kinder unterkommen können: Im Bereich der Kitas haben wir eine starke Aufwärtsentwicklung; die Kindergartenzahlen steigen. Daraus werden anschließend Schülerinnen und Schüler, so dass Schanbach vermutlich bald überfordert sein wird, wenn wir die Außenstellen aufgeben!

Unsere Auffassung ist, dass darüber hinaus weitere Gründe für einen Erhalt der Außenstellen in Aichelberg und Aichschieß sprechen: Die jüngsten Kinder sollten nach wie vor einen möglichst kurzen Weg zur Schule haben, den sie eigenständig zurücklegen können! 

Außerdem halten wir es für falsch, wenn Schanbach noch stärker als bisher zu einem Zentrum innerhalb von Aichwald ausgebaut wird. Es liegt uns sehr am Herzen, dass möglichst viele durchaus unterschiedliche Einrichtungen auch in den anderen Ortsteilen erhalten bleiben. Dazu gehören vor allem auch die ‚Öffentlichen‘ wie Kita, Schule oder Feuerwehr. Wir möchten unter allen Umständen verhindern, dass sich immer mehr Teilorte nach und nach zu Schlafstätten ohne großes Eigenleben entwickeln! Gleichzeitig sind wir allerdings der Überzeugung, dass wir Räumlichkeiten benötigen, die flexibel in Bezug auf den jeweiligen Bedarf genutzt werden können. Es müsste so möglich sein, sowohl eine Nutzung als Klassenraum oder auch als Kita oder für andere öffentliche Zwecke zu nutzen. Ein Sparpotential könnte sich unseres Erachtens durch den Verkauf eines der momentan in diesem Rahmen genutzten Grundstücke ergeben.

Bisher ist noch völlig unklar, wie sich der Gemeinderat insgesamt zu diesen Fragen mehrheitlich  positionieren wird. Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass im Vorfeld auch die Einwohnerschaft von Aichwald mit einbezogen werden muss! Unsere Meinung lautet ‚Erhalt‘. Deshalb unser Antrag:

Wir beantragen, dass die Schule für die ersten beiden Klassen bzw. eine jahrgangsgemischte Klasse in den Ortsteilen Aichschieß und Aichelberg erhalten bleibt und die nötigen Bau- oder Umbaumaßnahmen dafür geplant werden!

In der derzeitigen Situation brauchen wir keine Gebäude mit hohem technischen Standard sondern Zweckgebäude! Wir bitten auch dafür die Kosten zu ermitteln.

Zum Thema Verkehr:

Eine schnelle Radverbindung zwischen allen Ortsteilen wäre mit Sicherheit auch ein wichtiger Beitrag zum Thema Klimaschutz in unserer Gemeinde, würde es doch auch dazu dienen, Autofahrten zu vermeiden! Wir begrüßen es grundsätzlich, dass an unserem Radwegenetz gearbeitet wird!

Der Ausbau der Kreisstraße, für die das Landratsamt zuständig ist, hat zwischen Schanbach und Aichelberg im Jahre 2019 begonnen. Erste Arbeiten fanden dazu an der Einfahrt nach Aichelberg von Beutelsbach her kommend sowie am Abzweig Krummhardt statt. Für die gesamte Strecke ab Ortsbeginn Aichelberg von Beutelsbach her bis nach Schanbach wird ein Radweg angelegt, innerhalb Aichelbergs durch einen wechselseitig markierten Schutzstreifen. Der entlang der Straße zwischen Aichelberg und Schanbach bis zum Abzweig ‚Drei  Linden‘ verlaufende Weg ist bislang nicht breit genug, um als Radweg genutzt werden zu können. Dazu wären umfangreiche Eingriffe in die Böschung notwendig. Aus Sicht des Landratsamtes wäre durch den etwas tiefer verlaufenden Wirtschaftsweg, der unserer Gemeinde gehört, eine Alternative vorhanden. Hierzu sind lt. Landratsamt noch weitergehende Planungen und  Abstimmungen erforderlich. Das bedeutet im Klartext, dass der gesamte Radweg zwischen den beiden Teilorten umgesetzt wird, bis auf besagten Abschnitt. Es macht aus unserer Sicht jedoch keinen Sinn, wenn eine Radverbindung zwischen zwei Ortsteilen zwar angelegt, jedoch dann mittendrin nicht weitergeführt wird!

Eine Beleuchtung des gesamten Radweges wäre aus Sicherheitsgründen geboten, da Radfahrer wie auch Fußgänger im Dunkeln stark geblendet werden und dadurch die Gefahr von Unfällen gegeben ist.

Wir beantragen, dass der Wirtschaftsweg zwischen‘ Drei Linden‘ und Aichelberg als Radweg ausgebaut wird. Weiterhin beantragen wir, dass auf der gesamten Länge des Weges zwischen Schanbach und Aichelberg eine Minimalbeleuchtung eingerichtet oder zumindest geplant wird, analog derjenigen zwischen Schanbach und Aichschieß. Wir bitten die Verwaltung, die Kosten für einen Minimalausbau des Feldweges mit Split und alternativ mit Teer zu ermitteln und mit dem Landratsamt abzuklären, inwieweit von dort eine Kostenübernahme oder Beteiligung möglich ist.

Was den Autoverkehr auf derselben Strecke angeht, so sind wir ebenfalls der Ansicht, dass insbesondere beim Abzweig Drei Linden oft unverhältnismäßig schnell gefahren wird, was für querende Fußgänger und Radfahrer eine Gefahrenquelle darstellt. Bei der letzten Verkehrsschau wurde allerdings von der unteren Verkehrsbehörde keine Veranlassung gesehen, hier an der bestehenden Situation etwas zu ändern. Wir meinen wie die Fraktion der ‚ Grünen‘, dass hier eine Geschwindigkeitsreduzierung sinnvoll wäre. Nachdem ein Antrag dazu in der bestehenden Situation leider keinen Sinn macht, möchten wir zumindest auf unsere Sichtweise hinweisen.

Im Übrigen sind wir weiterhin der Ansicht, dass generell auf unseren innerörtlichen Durchgangsstraßen Tempo 30 eingeführt werden sollte! Leider scheitert dies bislang vor allem an der Sichtweise des Landratsamtes Esslingen!

In Schanbach bestehen seit längerem beim Ausfahren von der Mörikestraße in die Aichschiesser Straße Probleme. Bedingt durch die letzte Parkbucht und dort stehende Fahrzeuge ist die Kreuzung nur schwer einsehbar. Außerdem hat der Verkehr insgesamt eher zugenommen, so dass es immer schwieriger wird, insbesondere zu Stoßzeiten von der Mörikestraße abzubiegen. Hier sollte nach unserer Einschätzung eine Ampelanlage installiert werden, die den gesamten Kreuzungsbereich, also auch die gegenüberliegende Albstrasse sowie den jetzigen Fußgängerüberweg mit einbezieht.

Wir beantragen, im Rahmen einer Verkehrsschau ein besseres Verkehrskonzept für den Kreuzungsbereich Mörike-, Aichschießer- und Albstraße zu prüfen und gemeinsam mit dem Landratsamt umzusetzen.

Natur und Umwelt:

Vor etwa 2 Jahren hat unser Gemeinderat einen Antrag auf Beitritt zum Landschafts-erhaltungsverband des Landkreises Esslingen abgelehnt, auch mit unseren Stimmen.

Wir haben seitdem unsere Haltung dazu noch einmal überdacht und sind – auch auf Grund der bisherigen Erfahrungen anderer Gemeinden mit dem LEV, zu dem Schluss gekommen, dass eine Mitgliedschaft sinnvoll wäre. Der LEV Landkreis Esslingen ist einer von 33 Landschaftserhaltungsverbänden in Baden-Württemberg. In dem gemeinnützigen Verein geht es um den Erhalt und Entwicklung der Natur und Landschaft im Kreis Esslingen durch paritätische Zusammenarbeit von Vertretern des Naturschutzes, der Landwirtschaft und der Kommunalpolitik.

Wir beantragen eine Mitgliedschaft im Landschaftserhaltungsverband Landkreis Esslingen und regen an, dass zuvor nochmals eine Information eines Vertreters des LEV stattfindet.

Das Thema Klimaschutz bewegt in den letzten Monaten und Jahren, vielleicht abgesehen von den Herren Trump und Bolsonaro, immer mehr die ganze Welt. Dies kann natürlich nicht nur eine Aufgabe der großen Politik sein, sondern fängt in der Gemeinde an, bei jedem einzelnen von uns. Deswegen wünschen wir uns hier auch eine Initiative vor Ort. Auf kommunaler Ebene kann Klimaschutz an vielen Punkten ansetzen: Es könnte beispielsweise um weitere lokale Potenziale für Energieeffizienz und erneuerbare Energien gehen, damit konkrete Maßnahmen entwickelt und umgesetzt werden können. Genauso wären Themen wie kommunale Raumplanung, Verkehr oder allgemeine Fragen zu einem nachhaltigen Lebensstil denkbar. In unserer Gemeinde gibt es zwar mit Sicherheit schon einige richtige Schritte in diese Richtung, was aber nicht heißen kann, dass unsere Potentiale damit ausgeschöpft wären. Deshalb unser Antrag:

Wir bitten die Verwaltung, ein Konzept zu entwickeln, wie Klimaschutz konkret in unserer Gemeinde weiter verbessert werden kann. Denkbar wäre die Einrichtung einer Arbeitsgruppe zu diesem Thema unter der Federführung der Verwaltung.

In den letzten Jahren wird immer mehr deutlich, dass auch bei uns ein Artensterben in der Natur begonnen hat. Das zeigt sich z.B. durch den deutlichen Rückgang von Insekten, die für die Natur notwendig sind. Wir  müssen deshalb jede Gelegenheit nutzen, um dem entgegenzusteuern. Das Ministerium für Verkehr Baden Württemberg hat ein Sonderprogramm und einen Wettbewerb ‚Blühender Verkehr‘ ins Leben gerufen, mit dem Ziel, verstärkt Blühflächen auf Kreisverkehren und Rastplätzen mit Saatgut regionaler Herkunft mit dem Fokus auf insektenfreundliche Pflanzen auszustatten.

Wir beantragen erneut, auf unseren Flächen in der Nähe von Straßen, wie Verkehrsinseln und Kreisverkehren grundsätzlich nur noch heimische Wildblumen auszusähen. Nachdem im vergangenen Jahr bereits entsprechende Schritte von unserem Bauhof begonnen worden sind, halten wir es für sinnvoll, dass sich unsere Gemeinde an dem Programm des Verkehrsministeriums beteiligt.

Zum Schluss noch ein Antrag, der mit geringen finanziellen Mitteln umzusetzen ist: Wir würden gerne eine Initiative des gesamten Gemeinderats ins Leben rufen, die das Gedenken an Eugen Grimminger ehrt. Ich gebe gerne zu, dass ich bis vor kurzem selbst nicht gewusst habe, um wen es sich handelt. Eugen Grimminger war Unterstützer der Widerstandsbewegung ‚Weiße Rose‘, die er durch Sachspenden und hohe Geldbeträge unterstützte. Er wurde vom Naziregime zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt und war bis 1945 inhaftiert. Grimminger kam 1952 nach Aichwald, wo er bis zu seinem Tode im Jahre 1986 in Lobenrot lebte. In seiner Geburtsstadt Crailsheim wurde eine Schule nach ihm benannt. Wir meinen, auch unserer Gemeinde stünde es gut an, an Eugen Grimminger zu erinnern, auch um deutlich zu machen, dass wir an den Widerstand gegen den Nationalsozialismus denken vor allem auch in Zeiten, in denen rechte Parolen zunehmend auch in der Mitte unserer Gesellschaft wieder salonfähig werden.

Wir beantragen, dass der Gemeinderat diskutiert, auf welche Weise das Gedenken an Eugen Grimminger, einem Unterstützer der Widerstandsbewegung  ’Weiße Rose‘, der bis zu seinem Tod in Aichwald gelebt hat, aufrechterhalten kann. Sinnvoll wäre aus unserer Sicht ein Gedenkstein oder eine Gedenktafel.

Wir möchten uns auch in diesem Jahr für die gute Zusammenarbeit bei allen Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats sowie bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung bedanken.

Unserem neuen Bürgermeister Herrn Jarolim danken wir dafür, dass es ihm gelungen ist, die Arbeit von seinem Vorgänger fast übergangslos fortzusetzten, was sicherlich für jemanden, der aus einem anderen Beruf kommt, nicht immer einfach war. Auch für Ihre freundliche und immer offene Art möchten wir uns bedanken!

Für die Erstellung des Haushaltsplanes Ihnen, Herr Jauß und Herr Rist, vielen Dank! Bei der Umstellung auf die neue Haushaltsführung, der Doppik, sind wir mehr denn  je auf Ihre Fachkenntnisse angewiesen!

Unser Dank gilt aber auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der gemeindlichen Einrichtungen, die in unseren Kitas und Kindergärten, der Kernzeit und der Krippe sowie in der Ortsbücherei, Schule und Volkshochschule, der Feuerwehr, dem Bauhof und in der Flüchtlingsarbeit tätig sind.

Insbesondere bedanken wir uns vor allem bei allen, die in ehrenamtlicher Weise vielfältig in Aichwald tätig sind. Ohne Ihre Arbeit wäre Aichwald ärmer, da vieles nicht laufen könnte!

Ihnen allen wünschen wir alles Gute für das jetzt begonnene Jahr!

Hans-Ulrich Richter, Fraktionsvorsitzender

Kerstin Binder

Michael Neumann

 

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